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Ins Schwitzen gebracht haben ihn nicht nur die anderen Podiums-Teilnehmer, Nationalrat Matthias Aebischer (SP) und Unternehmer Peter Stämpfli, sondern auch das Publikum. «Wer im Saal hat denn überhaupt noch eine Zeitung abonniert?», fragte Supino. Da das «Bund im Gespräch» in der Regel von treuen «Bund»-Abonnenten besucht wird, hielten fast alle Anwesenden die Hand hoch. «Das glaube ich Ihnen nicht», sagte der Gast aus Zürich. Er könne dies notfalls auch beweisen. Die Tamedia-Kunden fühlten sich vor den Kopf gestossen. Als Supino aus dem Publikum der «Zürcher Arroganz» bezichtigt wurde, verlor er beinahe die Contenance. Er sei es sich ja gewohnt, als «Geldsack» bezichtigt zu werden, aber Arroganz habe ihm noch kaum jemand vorgeworfen, sagte der Verleger. Weniger eindeutig war seine Antwort auf die Frage, ob es in fünf Jahren noch zwei unabhängige Lokalredaktionen in Bern geben wird. Da wollte sich Pietro Supino nicht festlegen lassen.
Den Live-Stream zum Auftritt von Tamedia-Supino gibt es unter:
https://www.derbund.ch/bern/region/wortgefecht-um-berner-medien/story/27412648
Schon zwei Tage danach war der Tamedia-Präsident wieder in Bern. Er wollte mit der Redaktion der «Berner Zeitung» über Qualität reden. Diese fand den Zeitpunkt dafür aber verfehlt – einen Monat vor dem Verlust ihrer Eigenständigkeit im Rahmen der Umsetzung des Projektes «Tamedia 2020». Die Redaktorinnen und Redaktoren der BZ boykottierten den Anlass, der aber vor quasi leeren Rängen dennoch stattfand. Man fühle sich nicht in der Lage dazu, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, hiess es in einem Brief der BZ-Belegschaft an den Verleger. Die Bedenken der Redaktion gegenüber dem Projekt 2020 seien nie angehört worden. Zu viel sei unklar. Man fühle sich von Tamedia «weder ernst- noch wahrgenommen». Insbesondere traue man der Zusicherung nicht, dass es in Bern weiterhin zwei unabhängige Zeitungstitel geben werde, hielten die Redaktorinnen und Redaktoren der BZ im Schreiben fest.
Den Brief der «Berner Zeitung» an Tamedia-Präsident Supino gibt es hier im Original-Wortlaut.
]]>Damit bewahrheiten sich Befürchtungen ein erstes Mal, welche in Bern kursieren, seit Tamedia im September 2017 das Projekt 2020 beschlossen hat. Zur Erinnerung: Tamedia wird künftig alle zwölf Deutschschweizer Tageszeitungen, die ihr gehören, zentral mit überregionalen Stoffen beliefern. Unabhängig bleiben einzig die Lokalressorts. Die Zentrale wird in Zürich sein, einige wenige Arbeitsplätze für die überregionale Berichterstattung bleiben in Bern. «Berner Zeitung» und «Bund» werden sich also bloss noch in der Berichterstattung über lokale Ereignisse unterscheiden. Das Berner Modell mit zwei Zeitungstitel aus dem gleichen Medienhaus wurde zwar bisher nicht infrage gestellt. Dennoch gibt es dahingehende Befürchtungen, dass dieser Schritt in nicht allzuferner Zukunft erfolgen könnte.
Die aktuelle Umstrukturierung würde Tamedia nicht machen, wenn sich damit nicht Kosten einsparen liessen. Der gewichtigste Posten dabei sind die Personalkosten. Tamedia hat versprochen, dass es per 2018 zu keinen Entlassungen kommt. Einzig vakante Stellen würden nicht mehr besetzt. Aber die Redaktionen zweifeln daran, dass die einbrechenden Inserateeinnahmen über die natürliche Fluktuation aufzufangen sind. An den Entlassungen der Werbeabteilung lässt sich ablesen, wie Tamedia dabei vorzugehen gedenkt: Entlassungen werden mit dem Salamiprinzip umgesetzt. Damit vermeidet der Medienkonzern eine formelle Massenentlassung, welche einen Sozialplan erforderlich machen würde. Ein Unternehmen, das 2016 122 Millionen Franken Gewinn machte, opfert also für den Umbau Mitarbeitende und stellt sie ohne angemessene Abfederung auf die Strasse.
Zudem zeigt sich an diesen Kündigungen auch, wie unwichtig Bern im Portfolio des Zürcher Medienkonzerns Tamedia ist. Obwohl die zentralen Dienste, zu denen die Werbeabteilung gehört, bereits restrukturiert und zentralisiert wurden, reichte dies offenbar nicht. Künftig wird Tamedia Bern werbetechnisch aus Zürich betreuen. Dasselbe Schicksal droht Bern immer mehr auch journalistisch.
Am Montag, 20. November 2017, ab 19 Uhr wird Tamedia-Verwaltungspräsident Pietro Supino sich nun im Rahmen der Veranstaltungsreihe «‹Der Bund› im Gespräch» im Kornhausforum Bern kritischen Fragen stellen: Unter dem Titel «Was wird aus ‹Bund› und BZ?» diskutieren er mit dem Berner SP-Nationalrat: Matthias Aebischer und dem Unternehmer Peter Stämpfli. Der Eintritt ist frei, der Anlass allerdings bereits ausgebucht.
]]>In diesen Tagen erfahren die Journalistinnen und Journalisten von «Berner Zeitung» und «Bund», wo sie ab 1.1.2018 arbeiten: Dabei zeigt sich, dass Tamedia ein Zürcher Unternehmen ist und bleibt. Entgegen im September gemachter Versprechen werden einige künftig nach Zürich pendeln müssen. Klar ist jetzt vor allem: Ihnen bleibt keine Wahl. Denn Tamedia zieht den Arbeitgeberwechsel für einige Dutzend Mitarbeitende, die von Espace Media (Bund/BZ) zur Tamedia (in die übergeordnete Mantelredaktion) wechseln, nicht mit einer Vertragsänderung, sondern vorerst als Betriebsübergang durch. Das bedeutet juristisch: Wer ein Jobangebot ablehnt, kündigt damit selber. So will es das Gesetz bei Betriebsübergängen. Die Beteuerungen des Tamedia2020-Projektleiters, man wolle niemanden zu einem Stellenwechsel zwingen und verzichte vorderhand auf Kündigungen, erweisen sich als Farce. Statt eines Sozialplans gelten dann sogar gegenüber den Arbeitsverträgen verkürzte Kündigungsfristen. Im schlimmsten Fall stehen Mitarbeitende, die dem neuen Angebot nicht zustimmen, schon nach einem Monat auf der Strasse.
Die Umstrukturierung, welche in Bern ab 2018 zwei geschwächte Zeitungen übrig lassen wird, dürfte schon bald auch zu Kündigungen vonseiten des Arbeitgebers führen. Denn schon jetzt zeigt sich, dass sich die Hoffnung, den Stellenabbau mittels natürlicher Fluktuationen zu bewältigen, nicht erfüllen wird. Auch die Ertragslage in der Branche hat sich nicht verbessert. Statt der von Tamedia kommunizierten Stärkung der Qualität dürfte dieser Negativstrudel im nächsten Jahr viel Ressourcen binden auf den Redaktionen. Ressourcen, die diese eigentlich zur Bewältigung des komplexen Projekts 2020 benötigen würden.
Von aussen wird die Fusion aller überregionaler Teile zwar mit Sorge beobachtet, der konkrete Widerstand hält sich aber in Grenzen. Die beiden Berufsorganisationen der Journalistinnen und Journalisten, Syndicom und Impressum, unterstützen und beraten die Personalkommissionen von Bund und BZ. Impressum hat letzte Woche die Wettbewerbskommission (Weko) angerufen. Die Weko solle überprüfen, ob die absehbare Konzentration nicht die Medienvielfalt zu sehr gefährde.
Ebenfalls Ende Woche wurde bekannt, wie sich der bernische Regierungsrat offiziell dazu stellt, dass die überregionale Berichterstattung der beiden Berner Titel von Tamedia «Berner Zeitung» und «Bund» künftig hauptsächlich aus Zürich kommt. Er tat dies in der Antwort auf die Interpellation der Grossräte Samuel Krähenbühl (SVP) und Thomas Brönnimann (GLP). Diese fragen, ob und wie sich die Regierung gegen den geplanten Kahlschlag wehren wolle. Man habe das Gespräch gesucht, schreibt der Regierungsrat. Man teile zwar die Besorgnis der Interpellanten, für weitergehende Schritte sei es jetzt aber zu früh. Solche müssten dann erwogen werden, wenn eine Aufgabe des Berner Modells mit den beiden Titeln Bund und BZ drohe. Tamedia hat bisher stets festgehalten, alle Zeitungstitel würden erhalten.
Ähnlich beantwortete der Regierungsrat letzte Woche einen Brief der Berner Impressum-Sektion BVJ. Zwar könne er die Bedenken des BVJ «nachvollziehen», allerdings sei er sich «auch bewusst, dass es in der unternehmerischen Verantwortung» von Tamedia liege, «den Umbruch in der Medienlandschaft und die Veränderungen im Nutzungsverhalten der Konsumenten zu antizipieren». Der Regierungsrat habe Tamedia zu einem Gespräch eingeladen, dabei gehe es auch um die Rolle von Tamedia als Arbeitgeberin im Kanton Bern.
Der Freiburger Medienprofessor Manuel Puppis bestätigt die Bedenken, die in der von der Belegschaft verfassten Protestzeitung «Monopol» vom 7. September geäussert wurden. In einem Interview in der aktuellen Ausgabe von «Edito», der Zeitschrift der Medienberufsverbände Syndicom, Impressum und SSM und sagt er: «Ich sehe vor allem ein Problem der Vielfalt auf lokaler Ebene.» Früher oder später leide die Glaubwürdigkeit, wenn man gefühlt überall dieselbe Information habe. Er hegt Zweifel, ob die regionalen Tamedia-Titel künftig noch die Kraft dazu haben, um eine regionale Perspektive auf nationale Nachrichten einzubringen.
Das Thema Tamedia bleibt in Bern aktuell: Am Montag, 20. November 2017 behandelt die Veranstaltungsreihe «‹Der Bund› im Gespräch» im Kornhausforum Bern das Thema: Was wird aus «Bund» und BZ? Tamedia wird vertreten von Verwaltungsratspräsident Pietro Supino. Weiter diskutieren mit: Matthias Aebischer, Nationalrat (SP), und Peter Stämpfli, Unternehmer.
]]>Erstes Fazit: Es hat kaum Frauen in den Leitungspositionen. Und es zeigt sich: Leute aus den beiden Berner Zeitungen gibt es in der Führungsmannschaft der Zentrale kaum. Es bleibt eigentlich beim heutigen stellvertretenden Chefredaktor der Berner Zeitung, Adrian Zurbriggen, der als neuer Leiter des «Hauptstadtbüros» die Ressorts «Politik», «Service» und «Sport» führt. Adrian Zurbriggen wird zudem stellvertretender Chefredaktor der Redaktion Tamedia in der Deutschschweiz. Das Politikteam leiten Daniel Foppa (heute Inlandchef beim Tages-Anzeiger) und Fabian Renz (heute Leiter des Bundeshausteams Tages-Anzeiger/Bund). Aus dem Leitungsteam der Berner Zeitung schafft es einzig Giuseppe Wüest in eine Leitungsfunktion jener Redaktion, die künftig 12 Tageszeitungen in der gesamten Deutschschweiz beliefern wird. Wüest übernimmt die Leitung des Ressorts «Service» , das unter anderem Themen wie Reisen, Wandern, Kulinarik und Digital abdeckt. Martin Haslebacher, bis jetzt Berner Zeitung, wird bei den Editorial Services von Tamedia zuständig für die Durchleuchtung der Workflows. Adrian Ruch, der bisher das Ressort Sport der Berner Zeitung leitete, bleibt zumindest vertreten in der Sport-Ressortleitung, allerdings in einer dreiköpfigen Crew. Chefredaktor wird Arthur Rutishauser, der heute den Tages-Anzeiger und die SonntagsZeitung leitet.
Insgesamt entspricht die Führungsstruktur der Komplexität des Projekts: Es entsteht ein riesiger Apparat mit unzähligen Querschnittsfunktionen. Es ist mehr als fraglich, ob so abgesehen von den Lokalredaktionen noch genügend Flexibilität und Nähe vorhanden sein wird, damit bernspezifische Themen Platz finden.
Die neue Struktur der Mantelredaktion Tamedia in der Deutschschweiz
Unter der Leitung von Arthur Rutishauser ist die Redaktion Tamedia in der Deutschschweiz für die überregionale Inlands-, Auslands-, Wirtschafts- und Sport-Berichterstattung zuständig und stellt Kultur-, Gesellschafts-, Wissens- und Service-Inhalte zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt sie gemeinsam mit der Redaktion Tamedia in der Romandie das Recherchedesk. Mitglieder der Chefredaktion sind Adrian Zurbriggen als stellvertretender Chefredaktor, Armin Müller, Iwan Städler und Michael Marti.
Editorial Services in der Deutschschweiz
Im neuen Bereich Editorial Services unter der Leitung von Simon Bärtschi werden in der Deutschschweiz alle Kompetenzen der Textproduktion, im Layout, in der Bildredaktion, die Fotografen, das Korrektorat sowie weitere unterstützende Prozesse zusammengefasst, dies auch für 20 Minuten.
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KAHLSCHLAG BEI „BUND“ UND „BERNER ZEITUNG“
Der «Bund» und die «Berner Zeitung» kommen ab 2018 mehrheitlich aus Zürich, nur das Lokale bleibt in Bern. Der Tamedia-Verlag stärkt sein Medienmonopol weiter. Er schafft damit die Voraussetzung zur Verschmelzung der beiden Zeitungen.
Seit der Zürcher Tamedia-Verlag 2007 das Kommando über die Berner Zeitungen übernommen hat, steht fest, dass er jederzeit Entscheide fällen kann, die den Me- dienplatz Bern ins Wanken bringen. Am Mittwoch, 23. August 2017, hat er einen solchen Entscheid gefällt, aber in der Öffentlichkeit ertönte es wie Schalmeienklang.
Die Tamedia-Spitze eröffnet den Mitarbeitenden in Zürich, Bern, Lausanne und Genf sowie der Öffentlichkeit den Entscheid zur Umsetzung des Projekts «Tamedia 2020». Man verspricht trotz sinkender Einnahmen besseren Journalismus: Alle Zeitungstitel bleiben erhalten. Die Kompetenz in den Themenbereichen Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Sport wird zusammengelegt in einer zentralen Redaktion, bei der alle Zeitungen der Tamedia-Gruppe dieselben fertig gelayouteten Seiten beziehen.
LOKALES ALS FEIGENBLATT
Während die nationale und internationale Berichterstattung im Tamedia-Imperium vereinheitlicht wird, sollen die Lokalredaktionen für den Erhalt der DNA der einzelnen Titel sorgen. Es sollen sogar Kräfte freigespielt werden, die in neue Gebiete wie den Datenjournalismus vordringen. Bis zum 1. Januar 2018 gibt es keine Kündigung.
WO IST DAS PROBLEM?
Was Tamedia der Öffentlichkeit verschweigt: Mindestens 61 Millionen Franken Ertragsausfall aus dem rückläufigen Inserategeschäft will der Verlag mit dem Reformprojekt 2020 kompensieren. Würden diese Einbussen vollständig mit Stellenabbau aufgefangen, fielen konzernweit 400 bis 500 Jobs weg – rund ein Drittel der Belegschaft. Tamedia will niemanden entlassen und setzt auf Pensionierungen und freiwillige Kündigungen.
Diese Rechnung geht nicht auf: Der notwendige mittelfristige Stellenabbau wird die «natürlichen Fluktuationen» wohl deutlich übertreffen. Was Tamedia auch verschweigt: Bern bekommt diese Erschütterung besonders heftig zu spüren.
Die «Berner Zeitung» wird ausgekernt und nur noch 70 der heute 150 Redaktionsmitglieder umfassen. Sie verliert ihre eigenständige überregionale Redaktion und wird verzweifelt versuchen, nationale Themen aus regionaler Perspektive zu beleuchten.
Der «Bund», der schon 2009 beim letzten grossen Abbau Haare lassen musste, ist gezwungen, weitere Teile seines Charakters preiszugeben. In seinen Kernbereichen Ausland, Inland, Wirtschaft, Kultur und Sport unterscheidet er sich nur noch marginal von der BZ. Das Projekt «Tamedia 2020» bedeutet für Bern: Konkurrenz und Vielfalt finden nur noch auf der Mini-Spielwiese des Lokalen statt.
Sogar auf YB und den SCB gibt es aus Bern nur noch einen journalistischen Blick. Die Gefahr ist real: «Bund» und BZ werden so weit amputiert, dass ihr Zusammenschmelzen niemand mehr bedauert. Das trifft wohl früher ein, als man denkt.
IN DIESER SONDERZEITUNG DECKEN DIE JOURNALISTEN AUF, WAS DER TAMEDIAKONZERN VERSCHWEIGT
]]>Als junger Kolumnist durfte ich bei der Tageszeitung «Bund» viel lernen. «Immer dran, nie drin», sagte mir einmal ein erfahrener Redaktor und meinte damit, dass es beim Journalismus unter anderem darauf ankomme, nahe am Geschehen zu sein, ohne selbst Teil davon zu werden. Es ging darum, die Menschen, über die man berichtete, ernst zu nehmen, ohne sich ihnen anzudienen.
Irgendwann hat sich die Vorstellung von Nähe verwandelt. Heute wird Nähe oft mit Distanzlosigkeit verwechselt. Was einst journalistische Neugierde war, ist einer verbreiteten Klatschsucht gewichen. «People» nennt sich zum Beispiel bei den meisten Zeitungen der Teil, der gerade nicht über People, also das Volk, berichtet, sondern über die, von denen angenommen wird, das Volk müsse zu ihnen aufschauen.
Die People-Seiten sollten No-People heissen. Sogar die einst als Bastion des seriösen Journalismus geltende Depeschenagentur sda betreibt einen People-Dienst, der sich darum kümmert, Klatschgeschichten, die bereits irgendwo erschienen sind, anderen Zeitungen zugänglich zu machen, ohne die Inhalte zu verifizieren. Das wirkliche People staunt.
Dass es in der Bundesstadt trotz den erwähnten Zerfallserscheinungen noch zwei Zeitungen gibt, in denen versucht wird, trotz ständig schwindenden Mitteln ernsthaften Journalismus zu betreiben, ist ein Trost. Im Idealfall sind «Bund» und BZ dran, ohne drin zu sein. Noch gibt es Journalistinnen und Journalisten, denen es darum geht, recherchierte Beiträge für ein lesendes und mitdenkendes Publikum zu verfassen. Sie geben ihren Zeitungen eine eigene Farbe.
Aus der Nähe schreiben ist eine Frage der Haltung. Aber es ist auch eine Frage der räumlichen Distanz. Journalisten müssen den Gegenstand, über den sie schreiben, riechen und spüren. Das geht nicht aus der Ferne. Journalismus muss dort stattfinden, wo die Menschen sind, um die es geht. Immer dran, nie drin
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Bänz Friedli, Autor und Kabarettist
«Journalismus soll die Wahrheit aufzeigen. Die Tamedia-Spitze macht aber genau das Gegenteil: Sie verschleiert mit Ausdrücken wie ‹Kompetenzzentrum› und ‹computergestützte Recherche› den Abbau von Stellen, von Leistung, Qualität und Lokalbezug.»
Marc Lüthi, CEO SC Bern
«Mein Credo in Bezug auf den SCB lautet: ‹Only no news are bad news.› Für uns ist eine grosse Präsenz in den Medien wichtig. Aber es geht nicht nur um möglichst viel SCB, es geht um möglichst viel Meinung, möglichst differenzierte Meinung – und um eine möglichst grosse Vielfalt. Der SCB braucht das, Bern braucht das.»
Jacqueline Strauss, Direktorin Museum für Kommunikation
«Auf die Eröffnung des neuen Museums für Kommunikation folgen automatisch die beiden wichtigsten Fragen: Was schreibt der ‹Bund›? Was schreibt die BZ? Die vergleichende Zeitungslektüre ist eine Motivation für unsere Arbeit. Dem Publikum hilft sie bei der Meinungsbildung. Um die Vielfalt des Berner Kulturlebens angemessen zu spiegeln, braucht es unbedingt auch Medienvielfalt.»
Mujinga Kambundji, Spitzenleichtathletin
«Der Sport lebt von der Vielfalt. Es wäre schade, wenn in Bern bald nur noch eine Sichtweise verbreitet würde.»
Peter Stämpfli, Unternehmer
«Der Wirtschaftsraum Bern ist der drittgrösste der Schweiz. Er ist zudem der grösste Industriestandort. Die Berner Bevölkerung und namentlich die Unternehmen sind auf eine breite,
inhaltlich vertiefende und journalistisch hochstehende Berichterstattung über die Berner Wirtschaft angewiesen. Dazu sind regional verankerte Journalisten notwendig. Das neue Konzept von Tamedia muss dem Rechnung tragen.»
Christian Leumann, Rektor der Universität Bern
«Als Universität mit internationaler Ausrichtung und lokaler Verankerung in der Bundesstadt sind wir darauf angewiesen, sowohl aus lokalen als auch aus nationalen Perspektiven wahrgenommen
zu werden. Bei zentralisierten Wissenschaftsredaktionen droht nun aber die Verengung der Blickwinkel.»
Stephan Märki, Intendant Konzert-Theater Bern
«Bei allem Verständnis für die strukturellen Probleme der Printmedien: Es ist ein Verlust an Demokratie (durch die Reduzierung der Meinungsvielfalt), ein Verlust an Identität für die Bundeshauptstadt, eine Schwächung des Medienstandortes Bern: Nicht das Niederschwellige und Lokale zeichnet eine Hauptstadt aus, sondern der Blick über das Eigene hinaus – und dazu braucht es Medienvielfalt vor Ort!»
Mario Marti, Wirtschaftsanwalt, Agentur Kellerhals Carrard
«Seit meiner Gymer-Zeit lese ich ununterbrochen den Bund. Viele Artikel haben mich gefreut, einige gelangweilt und wenige geärgert. Immer aber war der Bund die regionale Informationsquelle Nr. 1 in Bern für mich. Die Digitalisierung scheint den Zeitungen nicht gut zu tun – man hofft sich, dass auch die Print-Verlage die Transformation schaffen. Und ich hoffe, dass der Bund stets das bleibt, was er sein soll: Eine Qualitätszeitung mit spannenden, gut recherchierten und relevanten Artikeln.»
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1888 Gründung des «Berner Tagblatts», einer städtischen Tageszeitung.
1979 Der Fusion von «Berner Tagblatt» und «Berner Nachrichten» mit Standorten in Münsingen und Langnau i. E. entspringt die «Berner Zeitung BZ». Es ist eine politisch neutrale Forumszeitung. Mit ihren Splitausgaben deckt sie die Stadt wie auch das Land ab.
1993 Der «Bund» steht wegen Inseraterückgang und der Konkurrenz durch die grössere BZ unter Druck. «Bund»-Verleger Werner Stuber verkauft 41 Prozent der Aktien an den Zürcher Ringier-Verlag.
1995 Der Zürcher NZZ-Verlag übernimmt die übrigen «Bund»-Aktien, nach dem Ausstieg von Ringier dann 80 Prozent. Die finanzielle Lage der Zeitung bleibt prekär.
2003 Der «Bund» geht von der NZZ an die Espace Media von BZ-Verleger Charles von Graffenried. Er etabliert das «Berner Modell» mit zwei konkurrierenden Tageszeitungen unter einem Verlagsdach.
2009 Der Tamedia-Verlag, der 2007 die Espace Media gekauft hat, dockt den «Bund» an den «Tages-Anzeiger» an. Die überregionale Berichterstattung kommt aus Zürich. Die Tamedia erwägt erstmals eine Fusion von BZ und «Bund». Die BZ wird verstärkt lokal positioniert.
2018 «Bund» und BZ unterscheiden sich nur noch im Lokalteil. Ansonsten enthalten sie die identischen Inhalte aus der zentralen Tamedia-Redaktion in Zürich.
]]>Die Pressevielfalt schwindet: Die drei grössten Schweizer Medienhäuser Tamedia, Ringier und NZZMediengruppe kontrollieren heute schon über 80 Prozent des Deutschschweizer Marktes. Das zeigt die Analyse des Zürcher Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög).
Im Schweizer Pressemarkt setzte der Konzentrationsprozess im internationalen Vergleich relativ spät ein, hat sich dann aber sehr rasch beschleunigt. Vor allem Ende der Nullerjahre fanden grosse Umwälzungen statt. Dieser Prozess war vorab durch die Übernahme von Edipresse durch die Tamedia, den Verdrängungskampf der Gratiszeitungen und den Zeitungstausch zwischen der NZZ-Gruppe und der Tamedia geprägt.
Seit einigen Jahren befindet sich die Presselandschaft in einer Konsolidierungsphase mit relativ stabiler, aber hoher Medienkonzentration. Substanzielle Veränderungen wären momentan nur noch bei Zusammenschlüssen möglich – oder bei Zukäufen durch die gros sen Player.
ENWIKLUNG IM ONLINEMARKT
Der Markt für professionelle Online-Informationsangebote wächst in allen Sprachregionen zwar langsam, aber stetig. Dennoch herrscht im Onlinemarkt in Bezug auf einigermassen reichweitenstarke Informationsangebote eine geringere Vielfalt als im Pressemarkt. Die Onlineangebote werden mehrheitlich von den gleichen Medienhäusern kontrolliert, die bereits im Presse- oder im Rundfunkmarkt eine dominante Stellung einnehmen.
Neue Onlineangebote bleiben, mit Ausnahme von watson.ch, oft Nischenprodukte mit geringer Reichweite. Angebote wie 20minuten.ch oder blick.ch gewinnen Nutzer, während die reichweiteschwächeren Angebote nur langsam wachsen.
Der Deutschschweizer Pressemarkt ist durch eine mittlere bis hohe Konzentration charakterisiert. Auch im Onlinemarkt finden relativ wenige Verschiebungen statt. Das Kräfteverhältnis unter den drei wichtigsten Kontrolleuren ist ausgeglichener als in den anderen Sprachregionen, obwohl die Tamedia mit 35 Prozent Marktanteil relativ dominant auftritt. Der Medienmarkt in der Romandie ist durch eine hohe Medienkonzentration im Pressemarkt geprägt.
Besonders auffällig ist die Dominanz der Tamedia, die auf einen Marktanteil von 68 Prozent kommt. Unter den drei Akteuren mit den höchsten Marktanteilen befindet sich zudem kein Westschweizer Verlag. Auch im Onlinemarkt ist die Tamedia der deutlich wichtigste Kontrolleur mit einem Marktanteil von 62 Prozent.
AUCH IM TESSIN DOMINANT
Der Tessiner Medienmarkt zeichnet sich durch einen mittelmässig konzentrierten Pressemarkt aus. Dort ist die Konzentrationsrate im sprachregionalen Vergleich am geringsten. Im Onlinemarkt ist die Konzentration jedoch hoch. Die Ticinonline SA hat sich mit ihrem Angebot tio.ch, die als Onlineausgabe von «20 minuti» auftritt, als stärkster Kontrolleur etabliert. Die Tamedia AG als Mehrheitseigentümer der Ticinonline SA tritt somit auch im dritten sprachregionalen Onlinemarkt als stärkster Kontrolleur auf.
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Gerade weil sie sich über die eine oder die andere der beiden Zeitungen in Bern mal ärgern, ist es für viele wichtig, dass es zwei Berner Blätter gibt. Und so zwei Sichtweisen auf Bern und die Welt.
Medienvielfalt sei zentral für die Demokratie wie auch für den Frühstückstisch, findet gabriela graber aus Bern. Sie will am Morgen – wie eben in einer Demokratie – eine Wahl haben: «Ich wähle bewusst den ‹Bund›, und ich lese ihn mit Genuss.»
Auch wenn URS FANKHAUSER aus Bern die eine Zeitung liest, ist er froh, gibt es auch die andere: «Ich will eine Zeitung lesen, die den Akzent auf die Berichterstattung über das Ausland und die Schweiz legt. Lokale Themen sind für mich weniger wichtig. Deshalb lese ich als Berner den ‹Bund›. Dennoch finde ich es für die Meinungsbildung wichtig, dass es in Bern zwei regional ver
ankerte Zeitungen gibt», sagt Fankhauser.
Ohne Zeitung aus Bern geht es nicht, hat der Berner GUY JOST realisiert: «Als ich für ein Jahr die NZZ abonniert hatte, fehlte mir ganz deutlich der lokale Bezug, sodass ich wieder zum ‹Bund› wechselte.» Im Café werfe er auch einen Blick in die BZ. «An einer Zeitung sind mir, im Gegensatz zum Internet, die Autoren wichtig, denen ich vertraue», sagt Jost. Seinen erwachsenen Kindern gebe er den Rat: «Lest mehrere Zeitungen.» Meinungsvielfalt gibt es für ihn nur, wenn es Zeitungsvielfalt gibt.
CHRISTIAN CAPPIS aus Wohlen bei Bern verteilt seine Gunst gleich mässig auf beide Berner Blätter: «Ich habe im Moment die BZ abonniert, wechsle aber alle zwei Jahre die Zeitung.» Zum Frühstück lese er die abonnierte Zeitung, später im Café die andere Zeitung. «Ich suche unterschiedliche Sichtweisen auf nationale wie auch lokale Themen», betont Cappis, «dafür brauche ich beide Berner Blätter.»
Manchmal ärgere sie der «Bund», gesteht IRENE GRAF aus Wabern bei Bern: «Wenn er einer Politikerin Eigenschaften vom Hörensagen zuschreibt, will ich auch die Einschätzung anderer Zeitungen kennen.» Der «Bund» helfe ihr aber, Themen über eine längere Zeit zu verfolgen, Trash von Fakten zu trennen und Hintergründe in den Vordergrund zu rücken. Auch Irene Graf beginnt den Tag mit einer Zeitung aus Bern: «Die morgendliche ‹Bund›-Lektüre ist mein Start in eine vielfältige Auseinandersetzung mit mir und der Welt.» Für sie ist aber klar: «Ohne Vielfalt brauche ich auch den ‹Bund› nicht mehr.»
FRITZ GERBER aus Langnau liest die BZ. «Weil sie mehr über die Landregionen berichtet.» Wenn er von den Plänen einer Tamedia-Einheitsredaktion hört, beschleichen ihn Zweifel: «Wenn von immer weiter weg, aus einer fernen Zentrale, geschrieben wird, was hier bei uns gilt, dann bedeutet das nach meiner Erfahrung eine Ausdünnung und eine Verarmung», fürchtet Gerber.
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