Tamedia-Präsident Supino besucht Bern

«Was wird aus Bund und BZ?», lautete der Titel eines Podiums im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Bund im Gespräch». Dabei geriet Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino im voll besetzten Kornhausforum arg unter Druck.

Ins Schwitzen gebracht haben ihn nicht nur die anderen Podiums-Teilnehmer, Nationalrat Matthias Aebischer (SP) und Unternehmer Peter Stämpfli, sondern auch das Publikum. «Wer im Saal hat denn überhaupt noch eine Zeitung abonniert?», fragte Supino. Da das «Bund im Gespräch» in der Regel von treuen «Bund»-Abonnenten besucht wird, hielten fast alle Anwesenden die Hand hoch. «Das glaube ich Ihnen nicht», sagte der Gast aus Zürich. Er könne dies notfalls auch beweisen. Die Tamedia-Kunden fühlten sich vor den Kopf gestossen. Als Supino aus dem Publikum der «Zürcher Arroganz» bezichtigt wurde, verlor er beinahe die Contenance. Er sei es sich ja gewohnt, als «Geldsack» bezichtigt zu werden, aber Arroganz habe ihm noch kaum jemand vorgeworfen, sagte der Verleger. Weniger eindeutig war seine Antwort auf die Frage, ob es in fünf Jahren noch zwei unabhängige Lokalredaktionen in Bern geben wird. Da wollte sich Pietro Supino nicht festlegen lassen.

Den Live-Stream zum Auftritt von Tamedia-Supino gibt es unter:


https://www.derbund.ch/bern/region/wortgefecht-um-berner-medien/story/27412648

Schon zwei Tage danach war der Tamedia-Präsident wieder in Bern. Er wollte mit der Redaktion der «Berner Zeitung» über Qualität reden. Diese fand den Zeitpunkt dafür aber verfehlt – einen Monat vor dem Verlust ihrer Eigenständigkeit im Rahmen der Umsetzung des Projektes «Tamedia 2020». Die Redaktorinnen und Redaktoren der BZ boykottierten den Anlass, der aber vor quasi leeren Rängen dennoch stattfand. Man fühle sich nicht in der Lage dazu, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, hiess es in einem Brief der BZ-Belegschaft an den Verleger. Die Bedenken der Redaktion gegenüber dem Projekt 2020 seien nie angehört worden. Zu viel sei unklar. Man fühle sich von Tamedia «weder ernst- noch wahrgenommen». Insbesondere traue man der Zusicherung nicht, dass es in Bern weiterhin zwei unabhängige Zeitungstitel geben werde, hielten die Redaktorinnen und Redaktoren der BZ im Schreiben fest.

Den Brief der «Berner Zeitung» an Tamedia-Präsident Supino gibt es hier im Original-Wortlaut.

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