Seit heute ist klar, welche Personen das monströse Konstrukt der neuen Tamedia-Mantelredaktion steuern werden. Heute Nachmittag wurde im Detail informiert, wer welche Leitungsfunktion übernimmt ab 1.1.2018 – in den zentralisierten Ressorts ebenso, wie in den verbleibenden Lokalredaktionen.
Erstes Fazit: Es hat kaum Frauen in den Leitungspositionen. Und es zeigt sich: Leute aus den beiden Berner Zeitungen gibt es in der Führungsmannschaft der Zentrale kaum. Es bleibt eigentlich beim heutigen stellvertretenden Chefredaktor der Berner Zeitung, Adrian Zurbriggen, der als neuer Leiter des «Hauptstadtbüros» die Ressorts «Politik», «Service» und «Sport» führt. Adrian Zurbriggen wird zudem stellvertretender Chefredaktor der Redaktion Tamedia in der Deutschschweiz. Das Politikteam leiten Daniel Foppa (heute Inlandchef beim Tages-Anzeiger) und Fabian Renz (heute Leiter des Bundeshausteams Tages-Anzeiger/Bund). Aus dem Leitungsteam der Berner Zeitung schafft es einzig Giuseppe Wüest in eine Leitungsfunktion jener Redaktion, die künftig 12 Tageszeitungen in der gesamten Deutschschweiz beliefern wird. Wüest übernimmt die Leitung des Ressorts «Service» , das unter anderem Themen wie Reisen, Wandern, Kulinarik und Digital abdeckt. Martin Haslebacher, bis jetzt Berner Zeitung, wird bei den Editorial Services von Tamedia zuständig für die Durchleuchtung der Workflows. Adrian Ruch, der bisher das Ressort Sport der Berner Zeitung leitete, bleibt zumindest vertreten in der Sport-Ressortleitung, allerdings in einer dreiköpfigen Crew. Chefredaktor wird Arthur Rutishauser, der heute den Tages-Anzeiger und die SonntagsZeitung leitet.
Insgesamt entspricht die Führungsstruktur der Komplexität des Projekts: Es entsteht ein riesiger Apparat mit unzähligen Querschnittsfunktionen. Es ist mehr als fraglich, ob so abgesehen von den Lokalredaktionen noch genügend Flexibilität und Nähe vorhanden sein wird, damit bernspezifische Themen Platz finden.
Die neue Struktur der Mantelredaktion Tamedia in der Deutschschweiz
Unter der Leitung von Arthur Rutishauser ist die Redaktion Tamedia in der Deutschschweiz für die überregionale Inlands-, Auslands-, Wirtschafts- und Sport-Berichterstattung zuständig und stellt Kultur-, Gesellschafts-, Wissens- und Service-Inhalte zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt sie gemeinsam mit der Redaktion Tamedia in der Romandie das Recherchedesk. Mitglieder der Chefredaktion sind Adrian Zurbriggen als stellvertretender Chefredaktor, Armin Müller, Iwan Städler und Michael Marti.
- Das «Recherchedesk» wird von Thomas Knellwolf und Oliver Zihlmann geleitet, die bereits heute für die Recherchedesks des Tages-Anzeiger beziehungsweise von Le Matin Dimanche und SonntagsZeitung zuständig sind.
- «Publizistik»-Leiter Armin Müller zeichnet neben den Ressorts «Wirtschaft» und «Wissen» hauptsächlich auch für die publizistischen Fragen verantwortlich: «Wie schreiben wir im Mantelteil?» oder «Welche Sprache verwenden wir?» Die Herausforderung dieser Fragestellungen in der Redaktion Tamedia liegt insbesondere in den unterschiedlichen Leserschaften, die mit den Artikeln bedient werden müssen.
- Peter Burkhardt (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) wird Ressortleiter «Wirtschaft» und Niklaus Walter (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) wird Ressortleiter «Wissen». Beide haben diese Funktionen heute bereits in der Redaktion von Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung inne und verfügen in ihren Bereichen über ein grosses Knowhow sowie langjährige Erfahrung.
- Wie bereits angekündigt wird Adrian Zurbriggen (bisher BZ Berner Zeitung) Leiter des «Hauptstadtbüros» und führt dabei auch die Ressorts «Politik», «Service» und «Sport». Zudem wird Adrian Zurbriggen stellvertretender Chefredaktor der Redaktion Tamedia in der Deutschschweiz.
- Das Ressort «Politik» wird gemeinsam von Daniel Foppa (bisher Tages-Anzeiger) und Fabian Renz (bisher Der Bund) geleitet, wobei Fabian Renz vorwiegend für den Standort Bern und das Bundeshaus zuständig sein wird, während Daniel Foppa von Zürich aus den Inlandteil verantwortet.
- Giuseppe Wüest (bisher BZ Berner Zeitung) übernimmt das Ressort «Service» , das unter anderem Themen wie Reisen, Wandern, Kulinarik und Digital abdeckt.
- Das Ressort «Sport» setzt sich zusammen aus den drei regionalen Ressortleitern Adrian Ruch (bisher BZ Berner Zeitung) für den Kanton Bern, Ueli Kägi (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) für den Kanton Zürich und Alexandra Stäuble (bisher 20 Minuten) für den Bereich Sport Digital & Boulevard. Ziel ist es, die besonderen Anforderungen der unterschiedlichen Titel damit optimal zu repräsentieren.
- Die Ressorts «Ausland», «Kultur» und «Gesellschaft» unterstehen Iwan Städler, darüber hinaus ist er Blattmacher. In dieser zentralen Funktion plant und komponiert er den Mantel so, dass er für alle Titel einen Mehrwert bietet und eine Verbesserung der Produkte ermöglicht.
- Das Ressort «Ausland» wird von Christof Münger (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) geleitet, das Ressort «Kultur» von Guido Kalberer (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) und das Ressort «Gesellschaft» von Bettina Weber (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung).
- Für das den Bereich Online («Digitale Innovation») ist weiterhin Michael Marti (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) zuständig. Dabei geht es einerseits um die Bespielung der Frontseite des «Newsnet» samt Frontteam unter der Leitung von Matthias Chapman (bisher Tages-Anzeiger). Des Weiteren gehören dazu die Bereiche «Social Media» unter der Leitung von Fabienne Romanens (bisher Tages-Anzeiger), «Digital Storytelling» & «Repackaging» geleitet von Marc Brupbacher (bisher Tages-Anzeiger), der Bereich «Datenjournalismus» unter Barnaby Skinner (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung), die Zentrale Video-Unit, die nach wie vor von Jan Derrer geführt wird, und die 12-App.
- Der Bereich «Infografik» wird Marina Bräm (bisher Tages-Anzeiger) unterstehen und entweder bei der Redaktion Tamedia oder Editorial Services angesiedelt sein.
Editorial Services in der Deutschschweiz
Im neuen Bereich Editorial Services unter der Leitung von Simon Bärtschi werden in der Deutschschweiz alle Kompetenzen der Textproduktion, im Layout, in der Bildredaktion, die Fotografen, das Korrektorat sowie weitere unterstützende Prozesse zusammengefasst, dies auch für 20 Minuten.
- Die Textproduktion «Flex» wird das Herzstück der Produktionsredaktion im Newsroom, geleitet von Stefan Ryser (bisher 20 Minuten), der gleichzeitig Stellvertreter von Simon Bärtschi wird. In seinem Team ist Raphael Diethelm (bisher Tages-Anzeiger) für den Bereich Textproduktion Bezahlmedien verantwortlich, Markus Kistler (bisher 20 Minuten) leitet die Textproduktion von 20 Minuten.
- Die Kreativabteilung («Layout») wird von Andrea Müller (bisher SonntagsZeitung) geleitet, die gleichzeitig für das Layout des Tages-Anzeigers verantwortlich ist. In ihrem Team zuständig für das 20-Minuten-Layout ist Mirco Oberli, für das Layout von Der Bund Anita Pascarella, für das BZ-Layout Monika Frischknecht und Susanne Tschumi, für das Layout der SonntagsZeitung Tobias Gaberthuel und für die Layouts der ZRZ-Zeitungen Daniel Kiss. Sie alle sind bereits heute für die Layouts der einzelnen Titel zuständig und verfügen dadurch über eine grosse Expertise. Thomas Speich, bisher Leiter des Ressorts Produktion & Gestaltung, hat sich entschieden, den Tages-Anzeiger zu verlassen.
- Die «Bildredaktion» kommt unter die Leitung von Koni Nordmann (bisher Tages-Anzeiger). Mit Thomas Hagnauer (20 Minuten), René Wüthrich (BZ Berner Zeitung), Olaf Hille (SontagsZeitung) und Bernie Kruhl (Zürcher Regionalzeitungen) gibt es keine Änderungen der titelspezifischen Bildchefs innerhalb der neuen Einheit.
- Martin Haslebacher (bisher BZ Berner Zeitung) wird für den Bereich «Projekte und Planung» zuständig sein. Eine zentrale Aufgabe wird dabei sein, sämtliche Workflows zu durchleuchten und neu aufzusetzen.
- Nebst der Gesamtverantwortung für die Editorial Services leitet Simon Bärtschi auch den Fotografen-Pool in Zürich und Bern. Für die Fotografen in Bern ist Adrian Moser (bisher Der Bund) gemeinsam mit Beat Mathys (bisher BZ Berner Zeitung) zuständig, Koni Nordmann (bisher Tages-Anzeiger) und Madeleine Schoder (bisher Der Landbote) sind für die Fotografen in der Region Zürich verantwortlich.
- Das «Korrektorat» wird von Rita Frommenwiler-Schumow (bisher Tages-Anzeiger und SonntagsZeitung) geleitet.
- Der Bereich «Infografik» wird Marina Bräm (bisher Tages-Anzeiger) unterstehen und entweder bei der Redaktion Tamedia oder Editorial Services angesiedelt sein.
Falschmeldung: Ich werde nicht in der Mantelredaktion arbeiten, sondern bei Tamedia Editorial Services, wie beim Beschrieb meiner Funktion dann richtig aufgeführt ist.
Wir haben den Fehler inzwischen korrigiert. Besten Dank für den Hinweis. Tut uns leid für diesen Patzer.
Auch wir im Oberland sind eine Menschengruppe, wir wollen Infos und Beiträge nicht von Zürich, sondern von hier, und von Bern und Umgebung. Wir sind ein Menschenschlag aus bestem Holz, drum wollen wir eine Zeitung mit Journalisten mit Bodenhaltung und Kenntnis von unserer Region. Wir werden sowieso entvölkert, wir vom Land, drum sollten nicht auch noch die Zeitungen in die Stadt, und erst recht nicht nach Zürich.
Wir werden übergangen, nur die Ostschweiz gehört zur Schweiz, noch etwas Tessin und das Wallis, weil sie sich wehren.
„Es hat kaum Frauen in den Führungspositionen“, heisst es in dieser Mitteilung. Richtig, aber bitte noch etwas genauer: Beim Durchzählen komme ich auf ca. 40 Männer und 10 Frauen (dh 20 Prozent) ABER: Effektiv auf der Bühne mit redaktionellen Beiträgen sind nur jene beiden im Sport und im Ausland! Alle anderen Frauen arbeiten hinter den Kulissen (Layout, Korrektorat, Infografik, Bildredaktion, Social Media), d.h. leisten unsichtbare Arbeit.
Tamedia ist nicht die einzige, die diese desaströse Rollenteilung anwendet, aber für eine seriöse Berichterstattung, welche gesellschaftliche / politische / wirtschaftliche Fragen beleuchtet, braucht es verschiedene Blickwinkel. Und jene der Frauen sind angesichts der Realitäten nun mal oft anders als jene der Männer.
Dass die Printmedien immer stärker ums Überleben kämpfen, wissen wir ja, und dass sie es tun, ist ja eigentlich zu begrüssen. Ob ihre dabei entwickelten Konzepte – wie jetzt bei der Tamedia – hilfreich seien, mag bezweifelt werden. Im Unterschied zur Television und anderen Massenmedien wird an den politischen (Qualitäts-)Zeitungen vor allem auch ihre regionale und lokale Verankerung geschätzt; fällt diese immer mehr weg, hat Print leider wohl keine längerfristige Zukunft. Ich persönlich schätze den „Bund“ (dem ich rund dreissig Jahre lang angehörte); er hat ja in jüngerer Zeit bereits einige heikle Klippen umschifft, und ich hoffe, dass er mich, der ich mich bald dem 85. Altersjahr nähere, überleben möge…