Die Politik ist alarmiert (1/2)

Regula Rytz, Nationalraetin Gruene liest der Bund. Hier im Restaurant Kleine Schanze Bern
© Franziska Rothenbuehler

Regula Rytz, Parteipräsidentin Grüne Schweiz: «Es ist wichtig, verschiedene Meinungen zu kennen.»

Regula Rytz, spielt es in einem kleinen Land überhaupt eine Rolle, woher die Inhalte kommen?

Ich habe drei Tageszeitungen und verschiedene Wochenzeitungen abonniert und bezahle gerne einen fairen Preis für Medienqualität. Es ist in der kleinräumigen Schweiz ausserordentlich wichtig, dass die Vielfalt der publizistischen Medien erhalten bleibt.

Wieso ist dies wichtig?

Politik ist ein Wettbewerb der Ideen und Argumente. Damit dieser möglich ist, braucht es die Medienvielfalt.

«Die Menschen wollen wissen, was vor ihrer Haustür passiert.»

Wenn aber künftig alle Zeitungen denselben Inhalt haben, wird die Welt auf einen kleinen Ausschnitt reduziert. In unserem föderalistischen System, in dem wir auch lokal vieles mitbestimmen können, ist die regionale Verankerung zentral. Die Menschen wollen wissen, was vor ihrer Haustür passiert. Das geht nur mit Journalisten, die lokale Bodenhaftung haben.

Braucht es dazu mehrere Zeitungen in einer Stadt?

Medien sind die Wachhunde einer Demokratie. Als Bürgerin und Nationalrätin ist es für mich wichtig, verschiedene Meinungen zu kennen. Ich will nicht in einer Blase leben. Am
Morgen lese ich «Bund» und «BZ». Diese setzen oft verschiedene Schwerpunkte und haben unterschiedliche Thesen – sowohl national wie auch lokal.

Die Medienunternehmer sagen, ein breites Angebot sei nicht mehr finanzierbar.

Klar, die Medienwelt hat sich massiv verändert – durch die Digitalisierung ebenso wie durch die Globalisierung der Werbung. Werbung fliesst ins Ausland ab. Doch gerade Tamedia holt die im Zeitungsmarkt verlorenen Werbegelder über die eigenen Online-Marktplätze wieder herein. Würde das Geld, das Tamedia über Seiten wie Homegate, Ricardo oder Tutti verdient, in den Journalismus investiert, dann könnte der schleichende Abbau gestoppt werden.

Man kann die Eigentümer aber nicht dazu zwingen.

Das stimmt. Deshalb muss die Politik die demokratische Öffentlichkeit schützen, wenn es wegen Abbau und Konzentration zu einem Marktversagen kommt. Und zwar mit einer aktiven Medienförderung, wie sie viele europäische Länder kennen.

Bedeutet eine Medienförderung nicht das Ende der publizistischen Unabhängigkeit?

In der Schweiz hat der Kanton Freiburg für die Zeitung «La Liberté» ein interessantes Modell gefunden. Staatsnahe Unternehmen haben Zeitungsaktien gekauft. Entscheidend ist: Trotz dieser indirekten Subventionierung ist die Zeitung vollkommen unabhängig geblieben.

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